Nichts klappte - Bis Lukas Geburt (13.05. - 20.05.2010)

aus dem Tagebuch und Erinnerung
Heute wollte alles nicht so wie es sollte. Es ging am morgen schon los. Mir war total schlecht und richtig geschlafen hab ich auch nicht. Bin aber trotzdem zur Schule gefahren mit dem Fahrrad. Hab da auch noch fast ein kleinen Unfall gehabt mit einem anderen Radfahrer. In der Schule konnte ich (seit drei Wochen 16) mich kaum Konzentrieren. Lukas strampelte ganz schön im Bauch, aber bis zur Geburt sind es noch knapp drei Wochen gewesen.

In den Pausen saß Maik immer bei mir und hat meine Hand gehalten. Die Schmerzen wurden auch immer schlimmer. Im Unterricht konnte ich fast gar nichts mehr. Als ich dann auf dem Tisch gelegen hab, meinte der Lehrer das ich besser nach Hause gehen soll. Da ich nicht alleine nach Hause wollte hab ich Maik kurz eine Nachricht geschickt. Er kam auch sofort und dann sind wir gemeinsam nach Hause.

Mit dem Rad konnte ich nicht fahren, weil mir so schlecht war. Musste mich auch öfters hinsetzen. Dann fing es auch noch kurz an zu regnen. Er wollte mich samt Fahrrad zu einem Laden bringen, indem wir uns unterstellen konnten. Ich wollte aber nicht und blieb einfach da sitzen. Er legte ein Arm um mich. Mir kam es so vor als ob er mich nach hinten ziehen wollte und nahm seine Hand weg. Das war aber mein Schulranzen. Da ich ein paar Tage zuvor mit meinem Rucksack schwimmen war musste ich mein roten McNeill-Schulranzen aufsetzen. Auf dem hatte er sein Arm gelegt und drückte ihn wohl dabei nach unten.

Irgendwann kamen wir auch zuhause an. Meine Mutter legte mich gleich aufs Sofa und gab mir ein Tee. Danach ist nicht mehr viel gewesen. Ich bin eingepennt und hab bis zum nächsten morgen im Bett gelegen.

Der nächste Tag fing dann etwas besser an. Ich nahm mein Schulranzen und fuhr zur Schule, nach einem recht dürftigen Frühstück. Auf dem Weg zur Schule kam ich leicht ins Schleudern und fuhr direkt in den Graben. Konnte mich noch gerade so halten, aber mein Schulranzen rollte aus dem Fahrradkorb direkt in den Graben. Ich setzte mich an den Rand und sah dem Wasser zu wie er mein Schulranzen nass machte.

Dann kam Maik daher gefahren auf seinem Mountainbike und sah mich da sitzen. Als er sah was passierte, lachte er kurz auf und half mir hoch. Er holte mein Ranzen aus den Graben und dann gingen wir zu Fuß weiter zur Schule. Erst war noch alles in Ordnung, aber dann musste ich dringend aufs Klo und machte mir dabei fast in die Hose. Hab mir dann meine Hände gewaschen und dann setzten die Wehen wieder ein. Danach konnte ich wieder nichts mehr. Zuhause dann das selbe wie am Tag zuvor. Hingelegt, Tee getrunken und weg war ich wieder.

In den nächsten Tagen ging es mir dann besser und ich bin mit Maik spazieren gegangen und hab auch mit meiner Schwester Sarah (11) gespielt.

Am 19.05.2010 bin ich morgens ganz normal wieder zur Schule. Und auch wieder mit meinem roten McNeill Schulranzen auf. Fand ich einfach schön damit zur Schule zu gehen. Da knicken die Blätter nicht so und es ist auch mehr Platz als im Rucksack drin. Bis zur sechsten Stunde war alles gut, aber dann waren die Wehen stärker. Kurz vor ende der achten Stunde konnte ich es nicht mehr aushalten und musste raus. Maik hat vor der Tür gesessen und auf mich gewartet.

Er sah mich an und fragte ob ich in die Hose gemacht hätte. Ich sagte nein und sah nach unten. Zwischen meinen Beinen war es etwas nass. Ich sah ihn an und meinte das es wohl die Fruchtblase gewesen ist. Er sah mich total erschrocken an und wollte mich gleich wegschleppen. Ich rannte zurück in die Klasse und nahm mein Schulranzen und meine Jacke und sagte: "Es geht los!" Als ich rausging hörte ich nicht mal den Klassenkasper. Alles war still. Auf dem Flur zog ich meine Jacke an und setzte mein Ranzen auf und folgte Maik zur Tür.

Meine Lehrerin rannte noch hinter uns her und fragte ob sie den Notarzt holen soll. Das wollte ich aber nicht. Maik riss den Fahrradkorb von meinem Fahrrad und setzte sich auf den Sattel. Ich setzte mich seitlich auf den Gepäckträger und er fuhr los. Es regnete wieder. Erst nur leicht dann etwas stärker. Ich konnte durch meine Brille gar nicht mehr sehen wo er hinfährt. Dann machte es peng. Der Hinterreifen ist geplatzt. Ich stieg ab und er schmiss das Fahrrad zur Seite und lief mit mir zur Bahn. "Was machst du? Zu Fuß sind wir schneller!" schrie ich ihn an. "Du läufst kein Meter mehr! Wir fahren!" meckerte er zurück.

Die Bahn fuhr vor unserer Nase weg und er schrie ihr hinterher. Mir war das zu blöd und lief zu Fuß weiter. Als er das sah wollte er mich Huckepack nehmen. "Soll ich dir das Kind in Arsch stecken?" lachte ich. Er kringelte sich vor lachen. Dann legte er ein Arm unter meine Knie und den anderen unterhalb vom Schulranzen und trug mich so zur Klinik. In der Klinik haben die mich sofort auf eine Trage gelegt. Schön auf mein Ranzen drauf. Ich lachte da nur und nahm ihn ab. Die dachten da wirklich das ich erst Zehn oder Elf bin, wegen dem Schulranzen.

Dann dauerte es und dauerte es. Erst am nächsten morgen gegen halb drei kam dann endlich Lukas zur Welt. Dreizehn Tage früher als ausgerechnet. Der Arzthelfer der die ganze Zeit bei uns war musste zwischendurch auch Maik verarzten, weil ich ihm in die Hand gebissen hatte vor Schmerzen. Der Helfer war so lieb und sehr Nett gewesen. Da musste ich Lukas einfach seinen Vornamen als Zweitnamen geben. Jim. Und ich finde das es sogar passt, oder nicht? Lukas Jim.

Nach nur einer Woche war ich wieder in der Schule. Ich dachte mir bis zu den Sommerferien kann ich noch zur Schule gehen. Auf dem Pausenhof kamen mir gleich ein paar Mädels entgegen. "Wo warst du solange?" "Boah, du hast aber heftig abgenommen!" "Was hattest du gehabt?" und all sowas fragten sie mich. Einige dachten das ich einfach nur fett geworden bin, weil ich denen von der Schwangerschaft nichts erzählt habe. Andere die es wussten kamen auch gleich zu mir und fragten wie es dem Kind geht und was es ist. Die anderen standen mit offenen Mund da und sagten nichts mehr.

Erst Minuten später. "Du warst Schwanger?" "Von Maik?" "Cool!" Ich ging einfach nur in die Klasse und setzte mich hin. Das Kind ist von Olaf, nicht von Maik, aber das mochte ich niemanden sagen und Maik schon gar nicht. Da ging die Fragerei wieder los. Ich erzählte alles und dann kam die Lehrerin und meinte das ich nach Hause kann. Wollte ich aber nicht. Ich musste dann noch zum Direx. Bis zu den Sommerferien durfte ich bleiben, aber danach nicht mehr, wegen dem Kind. War auch gut so, so hatte ich wenigstens mein Realschulabschluss in der Tasche.

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