Keine Wechselkleidung

dabei gehabt

(06.12.2021)
Nach der Schule ging ich zu Oma, weil meine Zwillings-Schwestern dort ihren Geburtstag feierten, weil meine Mama mit einer dicken Erkältung im Bett liegt und ihre Ruhe haben will. Verständlich. Als ich dort ankam, umarmte mich gleich Jacqueline (10) und bedankte sich bei mir für das geile Geschenk das ich ihr zum Geburtstag schickte Freitag. Sie stand mit einem grauen Schneeanzug vor mir und bat mich mit in den Garten zu kommen. Ich folgte ihr auch und sah schon in der Tür das es schneite.

Papa hatte wirklich eine große Schneekanone besorgt und sie im Garten aufgestellt. Die Zwillinge, Tim (7) und drei andere Kinder spielten mit Schneeanzügen in dem Schnee und machten sich zum Teil auch im Matsch richtig gut dreckig. Jacqueline nahm Anlauf, rannte über den Schnee und legte sich lang. Vor Tim kam sie zum Halt und beide beschmierten sich mit dem Dreck. Natascha und Corinna sahen mich und kamen auf mich zu. "Laura! Laura!" riefen sie. Ich umarmte die beiden und gratulierte ihnen zum dritten Geburtstag. Die beiden freuten sich und rannten wieder in den Schnee um sich weiter dreckig zu machen. Die kleine Amy (1) hab ich auch noch kurz auf den Arm genommen. Die ist echt süß, sieht aus wie Chantal in Kleinformat. Hihi.

Ich hatte keinen Bock mit den anderen zu spielen und verabschiedete mich wieder, weil ich auch zu einer Freundin fahren wollte. Dies tat ich dann auch und verschwand. Auf der Fahrt freute ich mich noch über die kleinen, das sie ihren Spaß hatten. Endlich bei meiner Freundin angekommen, zog sie ihre Jacke an und fuhr mit mir in die Stadt. Wir wollten noch zum Kinderkrankenhaus und in ein Pflegeheim für Behinderte, um ihnen ein paar Weihnachtslieder vorzuspielen, mit unseren Geigen. Ins Krankenhaus sind wir leider nicht reingekommen und haben uns deshalb unten vor die Fenster gestellt und dort ein wenig gespielt. Ein paar Fenster gingen auf Kippe und wir freuten uns. Leider gingen die Fenster auch schnell wieder zu und wir wurden vom Hof gebracht. Fand ich etwas merkwürdig und nicht gerade lustig, aber was soll´s.

In das Heim für Behinderte sind wir reingekommen und konnte da unsere Lieder zum besten bringen. Ohne dicken Pulli und Lederjacke bzw. sie mit Daunenjacke an, war das spielen auch gleich viel besser gewesen. Alle freuten sich so was schönes zu hören und klatschten auch. Man sah richtig die Freude in den Gesichtern, trotz Mund-Nasen-Schutz auf, den wir auch aufsetzen mussten. Ist halt so in dieser Zeit. Scheiße, aber nichts zu machen. Uns hatte es sehr viel Spaß gemacht und sind auch mit viel Freude im Herzen wieder gegangen. Es macht mir einfach Spaß anderen eine Freude zu machen. Danach ging es gleich zu einem Freund von Nikita (12). "Der hat was ganz geiles zuhause!" sagte sie immer. Ich wusste nicht was sie meinte und als ich fragte, sagte sie mir nichts richtiges. Stumm fuhr ich hinter ihr her und fragte mich wo sie nur hin will.

Nach etlichen Kilometern kamen wir in einer Hochhaussiedlung an und sie fuhr kreuz und quer durch die Blöcke. Ich fand´s schrecklich und dachte nur: "Oh weia, wo will die hin?" Irgendwie bekam ich auch ein wenig Angst bei manchen Häusern, weil sie doch sehr "Bäh" aussahen. An den Fenstern hingen mehr Bettlaken und Bettdecken als Gardinen. Ein paar waren auch mit Zeitungspapier beklebt. Fast wäre ich da noch in ein Schlagloch gefahren, wenn Nikita mich nicht gewarnt hätte.

Dann fuhr sie in ein Torbogen und machte hinter dem Haus halt. "Boah, wo sind wir hier? Ist ja voll die Schrottgegend!" sagte ich. "Ach Quatsch, guck erst mal rein!" sagte sie darauf und ging zur Tür. Sie klingelte irgendwo und wartete ab. Es sagte niemand was und wir hörten auch nichts. "Der kommt gleich!" sagte sie und machte sich eine Zigarette an, was ich dann auch machte. Ein paar Minuten später kam der Freund zur Tür raus und begrüßte uns. Der Typ, so um die 15 oder so, trug eine Jeanshose, Turnschuhe und einen richtig dicken grauen Pulli mit Rollkragen. "Zeig ihr mal den Pool!" sagte sie zu ihm und ging rein. Ich schielte nach rechts und links und dachte nur, wenn der Pool so aussieht wie alles andere, kann das nichts werden.

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Er ging mit uns in den Keller und schloss eine Tür nach der anderen auf und hinter uns wieder zu. Es schien alles kein Ende zu nehmen und so langsam bekam ich Angst. Er erzählte uns dass das Haus aus dem er kam, mal ein Hotel war und jetzt leer steht. Da würden auch die Roller nicht geklaut werden. "Hoffentlich!" sagte ich nur und folgte weiter den beiden. Nach der letzten Tür, standen wir wieder im freien und er hüpfte über Treppen und Geländer und weg war er. Ich kam gar nicht so schnell hinterher mit meiner Prothese und rief Niki immer. Sie rief ihn wieder zu uns und entschuldigte sich für mich, das ich nicht so schnell kann. Dann rannten wir drei zu einem Gebäude rüber und er schloss die Tür auf. Wir standen direkt vor einem Pool, der gar nicht mal so schlecht aussah. Da stand sogar ein Leuchtturm am Rand. "Wahnsinn!" sagte ich. "Den sollten wir bei uns auch mal hinstellen!" fügte ich noch an.

"Bist du nicht die, die immer bekleidet ins Wasser geht?" fragte der Typ mich, dessen Namen ich nicht ganz verstanden hatte. Ich zuckte nur mit der Schulter und sagte nichts. "Wetten, dass du da jetzt nicht in den Pool springst, so wie du bist?" sagte er noch. Ohne lange zu zögern sprang ich mit Unterwäsche, Beinprothese, Leggins, Jeanshose mit Gürtel, Lederstiefel, BH, Shirt, dicken Rollkragenpulli, Lederjacke, Schal, Helm, Handschuhe, meinem Schulranzen und meinem Geigenkoffer in den Pool und schwamm. Das Wasser war recht angenehm und die beiden lachten wie verrückt. "Die geht wirklich so ins Wasser, Hammer!" sagte Nikita. "Was denn, sowas darf man mir nicht sagen!" antwortete ich und schwamm weiter. Ich genoss es richtig so im Pool zu schwimmen und schwamm an den Rand.

Auf meinem Geigenkoffer liegend, fragte ich die beiden ob sie nicht mit rein wollen, weil das Wasser auch schön warm war. Der Typ zog seine Schuhe und Strümpfe aus und sein dicken Pulli und hüpfte mit Jeanshose und Shirt in den Pool. Nikita machte das selbe und zog sich noch die Hose und den Pulli aus. Mit Unterwäsche, Leggins, BH und Shirt, sprang sie mit rein und schwamm mit uns um die Wette. "Willst dein Ranzen nicht absetzen?" fragten mich beide nach einiger Zeit und Niki fragte mich noch, ob ich keine Angst hätte das meine Geige nass wird. "Nee, hab Angst das hier was geklaut wird!" antwortete ich. Die beiden guckten sich an und zuckten mit der Schulter. Den Schulranzen hab ich auch die ganze Zeit aufgelassen und ihn zum Teil auch, wie mein Geigenkoffer auch, als Schwimmhilfe genommen.

"Du traust dir ja was!" meinte der Typ, dessen Namen ich auch beim siebten oder achten mal nicht verstanden hab. "Ist ja kaum was drin!" sagte ich nur und setzte ihn wieder auf. Wir schwammen und spielten mit einem Ball der am Rand lag. Als ich später noch mit Helm und meiner Brille abgetaucht bin, staunte der Typ nicht schlecht. Mein Schulranzen hatte ich dazu vorher noch abgesetzt. "Die trägt doch ne Beinprothese, oder?" hörte ich unter Wasser. Sie so: "Ja, aber bestimmt nicht so eine wie deine Ma!" Ich tauchte wieder auf und setzte mein Schulranzen wieder auf. "Was macht ihr denn hier? Seht zu das ihr hier verschwindet!" schrie da plötzlich ein Mann in der Tür und kam mit einem Besen auf uns zu. "Seht zu das ihr da rauskommt!" schrie er weiter. Wir lachten leise und schwammen an den Rand. "Ihr spinnt doch wohl mit eurer Kleidung das Wasser zu verunreinigen!"  Ich musste mir echt das lachen verkneifen. Möchte ja nicht wissen was er gesagt hätte, wenn er gewusst hätte das ich mir beim schwimmen in die Hose gemacht hatte.

Ohne was zu sagen verschwanden wir aus dem Wasser und gingen an dem Mann vorbei. "Raus mit Euch, aber schnell!" rief er. Wir liefen um den Pool rum, sammelten die Sachen von den beiden auf und verschwanden zur Tür, durch die wir rein gekommen waren. Die beiden zogen sich schnell an und dann rannten wir mit den nassen Sachen durch die Gegend. Mir war voll kalt und zitterte auch leicht. "Komm, dahinten können wir uns verstecken, bis der Bademeister weg ist!" sagte der Junge, dessen Namen ich einfach nicht verstehe oder nicht verstehen will. Wir saßen an einem Obdachlosenzelt und legten uns die Decken, die da drin waren über uns. Der Bademeister verschwand auch schon bald und fuhr mit dem Auto davon.

Etwas später sind wir wieder rein und gleich ab in den Pool, mit allem was wir anhatten. Nur diesmal hab ich mein Schulranzen und die Geige abgestellt. "Wie willst jetzt eigentlich nach Hause?" fragte ich Niki und sie so: "Dito!" und lachte. Wir hatten alle drei keine Wechselklamotten dabei. Da wo der Junge raus kam, wohnt ja niemand mehr, also konnten wir von dem auch keine Kleidung bekommen. Aus dem Zelt konnten wir ja wohl nix so einfach rausholen, weil dann hat der ja nichts mehr und passen würde uns auch nichts von. "Und jetzt?" fragte mich Niki. "Ich ruf Mama an!" sagte ich und tat es auch. Mama ging auch gleich ran und fragte: "Wat wullt du?" Ich: "Hab glaub ich ein Problem!" Mama: "As harrst keene!" Ich überlegte kurz, weil sie es falsch gesagt hatte und erzählte ihr, das ich gerade Vollbekleidet im Pool stehe. "Du tust WAS?" fragte sie etwas lauter und lachte drauf los.

Ich erklärte ihr was passiert ist und sagte ihr auch, das sie für den Typen und Niki Klamotten mitbringen soll, weil wir alle keine Wechselklamotten dabei hatten. Sie lachte immer wieder und meinte dann, das sie Mama Claudia los schickt und wir bleiben sollen wo wir sind. Ich gab ihr noch die Adresse durch und packte mein Smartphone wieder in meine Jackentasche. Und weil es mir halt Spaß macht mit Schulranzen zu schwimmen, setzte ich ihn wieder auf und spielte mit den beiden weiter mit dem Ball. Der Junge zog irgendwann sein dicken Pulli aus und legte ihn am Rand ab. Es war schon dunkel und wir sahen fast nichts mehr, aber wir trauten uns auch nicht, das Licht anzumachen. Niki und ich ließen alles an, auch unsere Jacken, weil wir Angst hatten das wir sie im dunkeln nicht wieder finden.

Ich schwamm öfters mal an den Rand und sah nach unseren Geigen und ihrem Rucksack. Über eine Stunde schwammen wir noch im Pool rum und langsam wurde uns auch kälter, weil die Heizung aus war und das Wasser immer kälter wurde. Ich tauchte noch mal mit Helm ab und schwamm unter Wasser, weil ich dachte das mir dadurch wärmer wird, aber dem war nicht so. Halb am zittern saßen wir drei am Beckenrand und rauchten noch eine bis meine Mama kam. Wollte gerade wieder ins Wasser und schwimmen, da klingelte mein Handy. Im Wasser stehend ging ich ran und fragte wer dran ist. "Claudia hier, wo seid ihr denn?" Super schnell ging ich aus dem Pool und sagte: "Mama ist hier irgendwo!" Alle drei gingen wir zu den Fenstern und guckten raus. "Hier sind wir Mama, hinter der Scheibe! Hinter dir!" rief ich ins Handy und sie drehte sich um.

Lachend kam sie zu uns und packte ihr Handy weg. Wir zeigten zur Tür und rannten hin. Der Junge öffnete die Tür und ließ sie rein. Lachend sagte Claudia: "Ihr seid mir ja so welche, was macht ihr denn?" und lachte weiter. Mit zwei dicken Taschen in der Hand kam sie rein und stellte die Taschen ab. Ich wühlte auch gleich drin rum und verteilte die Sachen. Die meisten waren von mir und ein paar von Jan, der ungefähr die Größe von dem Typen hatte. Im dunkeln zogen wir drei uns schnell aus und zogen die frischen Sachen an. Die nassen Sachen von mir und Niki packten wir in die Taschen und der Typ klemmte sich seine unter dem Arm. Nachdem er abgeschlossen hatte, verschwand er einfach. "Hey, unsere Roller!" schrie ich ihm hinterher, aber er war nicht mehr zu sehen. "Na toll!" rief ich noch und Claudia lachte nur. Sie fand es lustig.

Niki und ich packten unsere Geigen, Schulranzen, Rucksack und die dicken Taschen in den Kofferraum und stiegen zu Claudia ins Auto und sie fuhr los. Niki zeigte ihr den Weg zu den Rollern oder meinte zumindest den Weg zu kennen. Ein paar mal sind wir um die Blöcke und Claudia bekam sich nicht wieder ein vor lachen. Irgendwann fanden wir endlich das Haus, wo die Roller standen und wir packten sie zusammengefaltet in den Kofferraum. "So, und wo gehts jetzt lang?" fragte Claudia. Niki sagte ihre Adresse und Claudia gab sie im Navigerät ein und fuhr los. Unterwegs erzählten wir ihr was wir alles erlebt hatten und wie schön das im Heim war, wo wir Geige spielten. Sie freute sich mit uns und lachte immer wieder. Irgendwo am Straßenrand, kurz vor Nikis zuhause, rauchten wir drei noch eine, weil Niki zuhause nicht darf und danach verabschiedeten wir uns.

Bei uns zuhause ging es mit nassen Sachen noch weiter, aber das schreib ich im nächsten Erlebnis.

 

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