Unerwarteter Besuch (13.11.2021)
Während Hannah in der Wanne lag, zog ich mich um beseitigte Hannahs Schlammspuren im Treppenhaus, räumte die Küche auf, machte uns Abendessen und haderte mit meinem Schicksal als Hausfrau und Pflegemutter. Ich muss gestehen, das mich das jetzt, wo der gröbste Stress durch und der Alltag eingekehrt ist, psychisch doch ganz schön mitgenommen hat. Wie ferngesteuert machte ich hinter Hannah das Bad sauber, tat ihre nassen Sachen in die Waschmaschine, gab ihr Abendessen und als sie endlich in ihrem Zimmer verschwunden war, ließ ich mir ein Entspannungsbad ein und legte mich, in T-Shirt, Leggins, Unterwäsche in die Wanne und schaute einen Film. Nach nicht mal einer halben Stunde klingelte es an der Tür. Ich rief Hannah, dass sie mal rangehen solle, aber natürlich keine Reaktion. Es klingelte wieder. Also bin ich aus der Wanne raus, Handtuch um und ab an die Tür.

Es war mein Nachbar. Mit einer Flasche Wein stand er da und wollte sich entschuldigen, denn eigentlich ist er nicht so nörgelig wie es am Nachmittag schien und das sei blöd rübergekommen und so. Dabei musterte er mich immer groß von oben bis unten, wo das nasse Shirt und die Leggins aus dem Handtuch rausschauten und den Boden volltröpfelten. "Ich bade immer so, da muss ich keine Wäsche waschen" sagte ich mit erkennbarer Ironie. Er so "Okaaaay..." und ich so total spontan, bevor ich mich über mich selber ärgern konnte "Willst du reinkommen?" Ich duzte ihn einfach, obwohl er geschätzt ein paar Jahre älter ist als ich. 

Ich begleitete ihn ins Wohnzimmer, wo er sich fast schüchtern aufs Sofa setzte. Ich pellte mich aus meinem Handtuch und holte, in meinen nassen Klamotten, Weingläser aus dem Schrank. Er gaffte mich die ganze Zeit an und ich meinte eine Beule in seiner Jeans zu erkennen. Na toll. Ein Notgeiler. Er goss vom Wein ein und wir stießen an, nachdem wir uns nochmal kurz vorstellten. Dann entschuldigte ich mich einen Moment und ging meine Haare trockenrubbeln und mir was trockenes anziehen, das erstbeste was mir zwischen die Finger kam. In meinen Lauftights und einem engen schwarzen Top kam ich dann mit nassen aber gekämmten Haaren zurück. Er legte schnell sein Handy weg, ich setzte mich ihm gegenüber in den Sessel und wir stießen nochmal an. Sein Blick wich nicht eine Sekunde von mir, obwohl ich nun nix nasses mehr anhatte. Er (24, gerade bei seiner Mutti ausgezogen) erzählte von sich, ich erzählte von mir und - in Kurzform - wie ich zu Hannah gekommen war, die er angeblich zunächst für meine kleine Schwester gehalten hatte. Fast rausgeschmissen hätte ich ihn als er meinte er würde mich, auch wegen des Kindes, auf fast 30 schätzen. Das passte ja prima zu meiner depressiven Stimmung.

Wir waren bei der zweiten Flasche Wein und er glotzte mich immer weiter von oben nach unten an. Irgendwann fragte ich ihn: "Gefall ich Dir?" und er wurde ganz verlegen "Öhm, ähm, merkt man das?" und ich räkelte mich noch ein bisschen im Sessel herum um ihn etwas zu ärgern. Solche Typen... Danach war die Unterhaltung irgendwie verkrampft und ins Stocken geraten. Wäre dies ein erstes Date, gäbe es wohl kein Zweites.

Eher verlegen erzählte er dann von seinen Problemen mit dem Wasserhahn in der Nachbarwohnung. Er hätte sich da neulich von oben bis unten nass gekleckert und total erschreckt. Ich nannte ihm einen Trick, wie er damit umgehen konnte, was ihn überraschte. Erst da checkte er das ich früher in der Wohnung gewohnt hatte, die jetzt seine ist. Einmal beim Thema Wasser wurde er mutig und fragte, ob ich denn wirklich meine Wäsche beim baden waschen würde. Scheinbar hielt er mich für irgendeine Öko-Tussi. Ich lachte und erklärte dass das eine Art Hobby (ich wollte nicht Fetisch sagen) von mir sei und dass auch Hannah das gerne mag. Und legte ihm nahe es doch auch mal zu probieren. Da wirkte er irgendwie verlegen und unsicher, als er ein vielleicht herausstammelte. Ich stichelte ihn noch ein wenig weiter und meinte Männern gefiele es doch Frauen in nassen Klamotten zu sehen, ihm doch vorhin auch. Es würde ihm doch garantiert gefallen, wenn meine schwarzen Sportsachen hier schön nass wären und glänzen würden. Dabei hielt ich mein Wasserglas über mein Top und tat so als würde ich es gleich ausgießen wollen. Da war er dann total verlegen und gab zu dass ihm das gefallen würde. Ich fragte ihn noch ein wenig aus ob er eine Freundin habe oder überhaupt schon mal eine gehabt hätte und was er beruflich macht und so weiter. Aber seine Verlegenheit blieb, ich hoffte nur das er nicht merkte das ich mich die ganze Zeit heimlich über ihn lustig machte. Er ist schon eine komische Type. Gegen elf ging er dann auch. Da kam dann noch Hannah aus ihrem Zimmer und schimpfte, sie dachte schon er bliebe die ganze Nacht und so. "Wehe du schläfst mit dem!" Ich sagte ihr nur schroff dass das meine Sache sei und verschwand in meinem Schlafzimmer, wo ich, in meinen Sportsachen, die halbe Nacht wach auf dem Bett lag und nachdachte. Über mich, Hannah, mein Leben, meinen Nachbarn, meine Zukunft.

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