Auf der Baustelle

(09.2022)
Einen Tag nach dem Dauerregen wollte ich gerade Feierabend machen, als mich Hannah ganz kläglich anrief und fragte ob ich sie abholen könnte. Sie nannte mir eine Adresse, die ein ziemlicher Umweg auf meinem Nachhauseweg war, und so konnte ich erst eine knappe Stunde später dort sein. Es war eine Baustelle mit einer ausgehobenen Baugrube, die ein ziemlicher schlammiger See war. Das reizte mich gleich zum baden. Ich wunderte mich aber wo Hannah war und klopfte an den Baucontainer. Dort machte mir ein großgewachsener Mann mit Bauhelm auf und sah mich ernst an. Als ich eintrat sah ich warum: Hannah und Lotte saßen nass und verschlammt im Container und der Mann erzählte mir, dass die beiden auf der Baustelle gespielt hatten und erwischt wurden als die Bauarbeiter ihre Mittagspause beendeten. Da standen Hannah und Lotte gerade vollbekleidet und mit ihren Schulrucksäcken auf, brusttief in der vollgelaufenen Baugrube. Hannah trug Jeans, Turnschuhe, Langarmshirt und ihre neue dünne Steppjacke und Lotte Leggins, Langarmshirt und Jeansjacke. Beide dazu ihre Schulrucksäcke. So liefen sie ganz entspannt in der Grube umher und suchten einen Weg heraus, so der Bauarbeiter. Ich versuchte zu erklären, dass das wohl nur eine dumme Mutprobe war und entschuldigte mich zigmal für die beiden und nahm sie mit. Natürlich hatte ich Verständnis wenn die beiden in Wasser und Schlamm spielen wollten, aber der Bauarbeiter hatte recht, das hätte gefährlich werden können, gerade auch weil die Grube ausgepumpt wird.

Hannah schwärmte mir die Geschichte anders vor: Sie und Lotte, beide gehen auf verschiedene Schulen, hatten sich nach dem Schulschluss getroffen und auf den Heimweg zu mir gemacht. Da sind sie einen Umweg gelaufen und an der Baustelle vorbeigekommen. Nirgends ein Arbeiter, der Bauzaun offen. Hannah ist zuerst auf das Gelände, Lotte hinterher. Sind über die Baustelle gelaufen durch den Schlamm. Und da war diese Grube voll mit Schlammwasser, das hat Hannah magisch angezogen. Sie ist rein, dann Lotte auch. Ohne an ihre Jacken und Rucksäcke zu denken. Und als sie gerade drin waren, gab es einen lauten Brüller des Vorarbeiters, bei dem ich beide abgeholt hatte. Er ließ die beiden rauskommen und bestand drauf, dass einer von den beiden seine Eltern anruft und sie dann im Baucontainer warten. Hier gab es wenigstens Heizung und warme Milch. Und da saßen sie in ihren nassen Sachen und warteten auf mich. Ein Riesenspaß für die beiden, wenn auch unvernünftig.

Zuhause ging es gleich in die warme Dusche.

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