Ins Hafenbecken gefahren
(Februar 2015)
Dies Erlebnis weiß ich von meiner Adoptivmutter. Das war kurz nach meinem sechsten Geburtstag. Ich bekam Rollschuhe und fuhr damit rum. Keine Ahnung was da am Hafen los war, jedenfalls standen dort ein paar Buden mit Pommes und Bratwurst. Mein Adoptivvater trank an einer Eckkneipe ein Bier und unterhielt sich mit ein paar anderen. Ich wollte unbedingt Pommes Bremen (Pommes rot weiß) haben und stellte mich an. Dabei rollte ich immer mit den Rollschuhen hin und her. Papa meckerte da, das ich mal still da stehen bleiben soll und wendete sich wieder ab. Als ich dran kam bestellte ich auf Plattdeutsch, was ich von Oma gelernt hatte und die Verkäuferin plauderte gleich los. Weil ich nicht alles verstanden hab, lachte meine Mutter und ich bezahlte schnell. Mit den Pommes in der Hand fuhr ich langsam mit Mama weiter und wollte ihr dann zeigen was ich schon alles mit den Rollern kann. Ich drehte mich im Kreis und machte halben Spagat. Dann fuhr ich Rückwärts und drehte mich wieder. "Nicht so nah ans Hafenbecken!" rief Mama mir zu. "Upps!" rief ich zurück und fuhr vom Hafenbecken weg. Dabei übersah ich aber ein Poller und wich schnell aus. Aber so schnell konnte ich noch nicht die Kurven fahren und fuhr direkt auf die Schiffe zu. Mit einem "Aaah!" flog ich ins kalte Wasser und tauchte kurz ab. Meine Pommes lagen alle auf dem Wasser und die Leute schrien. "Mann über Bord!" schrie da einer. Kurz danach hatte ich ein Rettungsring vor mir liegen und ich hielt mich dran fest. Meine neue Steppjacke, die ich zum Geburtstag bekam, blähte sich auf und ich lachte und schrie: "Guck mal Mama, ich hab eigene Rettungsringe!" Sie stand aber oben am Rand und hatte Angst um mich. "Die Kleene schafft dat schon!" meinte da wohl jemand und Papa brüllte voll rum. "Nichts als Ärger mit der Lüdden!" schrie er halb besoffen und verlangte von mir, das ich schwimme. Unweit von mir stand einer mit einer komischen Harke in der Hand auf seinem Boot und hielt mir das Ding hin. Ich versuchte mit dem Rettungsring zu schwimmen und griff irgendwann nach den Harken. Er zog mich damit weiter ans Boot und dann sollte ich mich an einem Seil festhalten. Er zog mich dann am Seil nach oben und fragte: "Wat machste denn Mädel?" So sagte Mama es mir später, weil sie auch auf dem Boot stand und mich in Empfang nahm. Sie drückte mich und dann schnauzte Papa wieder rum und ich bekam Angst und heulte. Ohne Rollschuhe und auf Socken musste ich dann fast ein Kilometer zum Auto und rein. Papa schnauzte gleich wieder rum, das ich gefälligst zu Fuß nach Hause soll und das Auto nicht nass machen soll. Mama aber packte mich im Auto in eine dicke Decke ein und setzte sich nach vorne. Papa war noch immer am meckern und Mama schnauzte dann mit, das er nach Hause laufen soll, so voll wie er wieder ist. "Nichts als Ärger mit der blöden Göre!" meckerte er und warf seine Bierflasche weg. Ich heulte wieder und Mama fuhr los. Zuhause ging es gleich wieder ins Bad zum umziehen. Mit frischen Sachen sollte ich dann besser in mein Zimmer spielen, bis Papa sich beruhigt hat. Er hatte aber nicht mehr gemeckert als er kam, sondern ist gleich so wie er war ins Bett und hat gepennt. Mama musste ihn später noch ausziehen. |