Abkürzung durch ein Wassergraben
(26.05.2025)
Am Nachmittag, nach meinen nicht mehr so
nötigen Geigenunterricht, rollte ich auf mein Inliner nach Hause und
wurde von meiner Schwester Sophie (noch 14) abgefangen. "Deine Freundin
war eben hier, die kommt gleich wieder!", sagte sie mir. "Wer?", fragte
ich und sie so: "Keine Ahnung, braune lange Haare, gelben Friesennerz,
Nase im Gesicht - genau in der Mitte - und so komische lange Ohrringe!"
Ich: "Ähm, ja, sehr gute Beschreibung, Alina meinst du!" Sie: "Oder so
ähnlich, ja!" Ich schnallte meine Inliner ab, gab Sophie mein
Geigenkoffer samt Geige in die Hand und zog mir meine lila Gummistiefel
an. So ging ich in den Garten und guckte nach dem Gemüse und so. Etwa eine viertel Stunde später kam Alina (16) angerannt. "Da bist du ja endlich, Mensch wir warten alle!" Ich: "Worauf und wer ist wir?" Sie: "Kommst jetzt mit oder nicht?" - "Wohin, weiß von nichts!" - "Boah sag mal!" - "Was soll ich sagen?" - "Wir wollen Angeln und brauchen dich dabei!" - "Meinst nicht eher Sophie statt mich?" - "Bin ich verkehrt hier?" - "Kann sein, weiß nicht!" - "Du verarscht mich jetzt!" - "Hab noch nie jemanden verarscht!", und stieß dabei auf. "Was gab es zu essen bei dir?", fragte sie und wedelte mit der Hand rum. "Pizza mit viel Knofi und Zwiebeln!" - "Boah, hat Sophie die gemacht?" Ich zeigte mit dem Finger auf sie und sagte: "So sieht es aus!" Sie: "Ja was ist denn jetzt, hilfst du uns, wie letzte Woche in der AG versprochen?" Ich holte tief Luft und dann fiel es mir wieder ein. "Klar, natürlich, wie konnte ich das vergessen?!? Blöd!" Sie freute sich und ging zum Tor. "Ähm, wohnst nicht außerhalb?" Sie: "Ja und, da fährt ein Bus hin, komm!" - "Ja, muss nur eben Bescheid geben, wegen meiner Lüdden!" - "Ach so ja, mach zu, fährt gleich!" - "Fährt gleich ist gut, wir müssen erst zum Bahnhof laufen!" - "Ja eben, mach zu!" Ich rannte auch schnell rein, sagte Bescheid und rannte dann mehr oder weniger mit Alina zum Bus. Da standen auch schon die anderen und guckten uns fragend an. "Was denn, was guckt ihr?", fragte Alina und guckte an sich runter. "Kommt ihr auch schon, wo ist die Ausrüstung?", fragten alle durcheinander. Ich: "Wann fährt der nächste, muss schnell zur Yacht?!" Alina: "Fällt dir ja früh ein!" "Hier, nimm schnell mein Rad!", sagte Adrian (noch 16), und gab mir sein Schlüssel. Ich nahm es auch und radelte los. Nach etwa fünfzehn Minuten kam ich zurück und alle so: "Zu Spät!" "Ja toll, dann halt den nächsten, sagte ich doch!", kam da von mir und stellte das Fahrrad ab. Mit dem nächsten Bus konnten wir nur bis auf ein paar Stationen zu ihr und wir stiegen aus. "Und was jetzt?", fragte ich, weil ich dachte dass der Bus zu ihr fährt. Sie: "Siehst wo der hinfährt?" Ich: "Öhm, ja, hab Augen!" Sie: "In die falsche Richtung, da müssen wir lang!", und zeigte zum Weg. "Supi!", kam von uns anderen und marschierten los. Nach etwa ein Kilometer zeigte sie nach vorne, zur Seite, wischte mit der Hand von links nach rechts und sagte dann, dass wir eine Abkürzung nehmen könnten oder an den Schienen entlang ein etwas längeren Umweg machen könnten. "Hab nichts verstanden und sagte einfach, dass ich die Abkürzung nehmen will. Die anderen grinsten blöd und wünschten uns viel Glück. Ich: "Hä, ja was denn jetzt?" Die: "Da gehen wir garantiert nicht durch!", und gingen weiter die Straße hoch. Alina: "Wir nehmen die Abkürzung, bis später dann!" Wusste nicht was passiert oder wo wir durch müssen, aber ich folgte Alina und machte mir eine Zigarette an. "Die pack dir lieber in Rucksack oben!", meinte sie und ging weiter. "Was sind das überhaupt für Schienen, wo gehn die hin, fährt hier was?", fragte ich neugierig und zeigte zu den Schienen, die hinter viel Gestrüpp lagen. Sie: "Geh da jetzt bloß nicht rauf, da fährt öfters ein Zug!" "Okay!", sagte ich und folgte ihr weiter. Sie kroch dann an dem Bahndamm durchs Gestrüpp und sagte: "Tada!" Ich guckte hin und sah nur ein langen dunklen Tunnel, der Wasser in sich hatte. Mit spitzen Mund guckte ich sie an und fragte, was das werden soll. Sie: "Naja, die Abkürzung!" Nachdem wir uns beide kurz dumm ansahen, ging sie mit ihren Gummistiefeln ins Wasser und lief in den Tunnel. Ich folgte ihr und sehr schnell standen wir beide bis zum Bauch im Wasser. Sie mit Jeans und ich mit Lederhose. Mein Rucksack wurde unten nass und ihrer legte sich aufs Wasser. War ganz schön kalt muss ich sagen, aber es ging grad noch so. Das Wasser war ziemlich dreckig und viele kleine Äste und Blätter lagen oben drauf. Sie grinste immer und lief weiter. "Ganz schön schlammig der Boden hier!", keuchte ich, weil meine Beinprothese bzw. der Fuß davon immer stecken blieb. "Tut mir leid, aber ich dachte dass du gerne nass wirst in Klamotten!", grinste sie und lachte kurz. "Du ja wohl auch, sonst wärst jetzt nicht hier!" Sie: "Kann sein, dachte ja nur!" Ich: "Nö, alles gut, hab nur keine Wechselsachen bei!" Sie: "Hab ich schon dran gedacht, kriegst was von mir!" Wir liefen weiter im dunklen und voller Mücken beladenen Tunnel und erblickten wieder das Tageslicht. Die Zigaretten hätte ich auch in meiner Tasche lassen können, aber Nebensache. Von da liefen bzw. rannten wir zu ihr nach Hause und ihre Mutter öffnete uns. Sie verzog gleich ihr Gesicht, schob die Augenbrauen hoch und schickte uns ins Bad. Während wir uns umzogen, Sachen lagen da schon, kam ihre Mutter und blieb in der Tür stehen. "Jetzt weiß ich auch warum hier die Sachen lagen, sollst doch nicht immer die Abkürzung nehmen. Wo sind die anderen?" Alina: "Sind schon am Fluss unten, wollen doch Angeln!" Die Mutter: "Dann beeilt Euch mal, soll noch Regen geben!" Wir: "Können ja Regenzeug mitnehmen!" Ich: "Die Fische beißen auch im Regen!" Alina: "Da besonders gut sogar!" Die Mutter: "Und warum habt ihr Euch jetzt umgezogen?" Wir: "Weil besser ist!" Wir drei lachten. Danach packten wir unsere sieben Sachen und verschwanden zu den anderen zum Fluss. Geregnet oder so hatte es dann doch nicht mehr und nass sind wir da auch nicht geworden. Vielleicht nur ein wenig, als wir die Fische in Eimer schmissen. |