Steine versenken mit Lukas

(16.11.2021)
Meiner Schwester Sophie (11) geht es noch immer schlecht. Sie hat ja den Virus und muss längere Zeit in ihrem Zimmer bleiben und darf keinen Besuch empfangen. Nicht mal von uns geimpften (Mamas, Papa und mir). Sie tut mir so richtig leid und am liebsten möchte ich sie mal so richtig in Arm nehmen und sie trösten. Immer nur vor der Tür sitzen und sich mit ihr unterhalten oder auch vom Balkon zu Terrasse ist das auch nicht immer so schön.

Heute hatte sie auch keine Lust zur Unterhaltung und wollte lieber den ganzen Tag im Bett bleiben. Ich war grad beim Hausaufgaben machen als ich ein Rappel bekam und mich warm angezogen hab. Mit Unterwäsche, Leggins, Jeanshose, Shirt, Rollkragenpulli, Steppjacke und mein dicken Stiefeln rannte ich raus und zum Fluss runter. Dort schmiss ich vor lauter Wut auf den Virus Steine rein. Es spritzte manchmal richtig heftig, aber mir war es egal. Kurze Zeit später stand Lukas mit seiner dunkelblauen Daunenjacke und ebenfalls mit dicken Stiefeln an, neben mir und fragte mich was ich da eigentlich mache.

Ich umarmte ihn und heulte etwas. Er wusste nicht was er machen soll und umarmte mich auch ganz kräftig. "So wie dich will ich auch Sophie in den Arm nehmen!" sagte ich ihm etwas heulend. "Ich auch - ich auch!" sagte er und bekam selber Tränen in den Augen. Dann heulten wir beide etwas und setzten uns im Schneidersitz auf den Bootssteg. Da lagen noch ein paar Steine von mir und er warf sie mit voller Wucht rein und schrie: "Scheiß Virus du, hau ab man! Lass meine Schwester in Ruhe du Arsch!" Er tat so als ob die Steine der Virus wäre und haute sie mit voller Wucht ins Wasser.

Ich lachte kurz und machte dann mit. Wir sammelten weiter im Taschenlampenlicht Steine und schmissen sie in den Fluss. "Ich will die ganze Scheiße nicht mehr, es soll endlich aufhören!" schrie er plötzlich und sackte zusammen. Ich versuchte ihn zu trösten und er umarmte mich ganz fest und fragte: "Wird Sophie wieder ganz gesund?" Ich stand kurz vorm heulen, aber beherrschte mich und antwortete: "Natürlich wird sie das, sie ist eine von uns!" Danach saßen wir beide nur stumm nebeneinander auf dem Bootssteg, völlig im dunkeln, und rauchten eine.

"Ich geh da jetzt rein, ich will zu Sophie!" sagte er völlig unerwartet und stand auf. "Spinnst du, das ist viel zu kalt da drin und außerdem - was redest du da?" hielt ich ihn zurück. Er dachte, wenn er ins Eiskalte Wasser geht, das er den Virus auch bekommt und mit Sophie zusammen im Bett liegen kann, um gesund zu werden. Totaler Quatsch ist das, sagte ich ihm und dann wollte er in den Pool springen. "Da ist es genauso kalt!" lachte ich, aber er rannte los. Die Tür war zu und er rüttelte dran. "Dann eben den Whirlpool!" schrie er und rannte dort hin. Der war aber leer, also konnte er da auch nicht nass werden.

Dann rannte er völlig im dunkeln in unseren Wald und schrie plötzlich: "Aaah!" Ich fragte was los ist und machte meine Taschenlampe an und leuchtete nach ihm. Er lachte nur und sagte immer: "Hier bin ich!" Ich suchte alles ab und fand ihn schließlich in einer großen Schlammpfütze liegend. Er lachte und heulte etwas dabei. "Wo kommt die denn her, gestern war sie noch nicht hier!" lachte er weiter. Ich wusste es aber auch nicht und bat ihn da raus zu kommen. Er stand auch auf und lief mit mir zum Spielplatz rüber. Er war von oben bis unten voller Matsch und lachte. Auf seiner Brille war auch etwas vom Matsch und ich gab ihm ein sauberes Taschentuch. Er putzte sie sauber und dann rauchten wir wieder eine.

"Da ist Mama!" flüsterte er und Mama so: "In der Tat! Was macht ihr hier draußen im dunkeln?" "Nichts, wollte in Pool, aber ist zu!" sagte Lukas. Mama kam näher und sah ihn an. Sie machte ein Auge zu und schmiss ihm den Schlüssel vom Poolhaus hin. "Macht aber keine Ferkeleien da drin!" lachte sie etwas und verschwand wieder. Sie hatte auch nur ein Shirt an gehabt. Er hob den Schlüssel auf und ging zum Pool. Ich hinter ihm her, aber nicht mit der Absicht in den Pool zu gehen. Er sprang aber gleich rein und tauchte ab. Sah richtig geil aus mit der Daunenjacke und den dicken Stiefeln an.

Als er wieder auftauchte, hing seine Brille schief auf der Nase und er sagte: "So kalt ist das gar nicht, komm doch mit rein!" und schwamm weg. Das wollte ich aber nicht und setzte mich auf die kleine Bühne, um ihm beim schwimmen zuzusehen. Er schwamm immer hin und her und tauchte ab und zu auch mal ab. Seine Daunenjacke blähte sich manchmal richtig auf und dann rutschte er immer wieder die Rutsche runter und sagte mir immer wieder, das ich mit rein kommen soll. "Ist ja schon gut!" sagte ich und ging die Rutsche rauf, wo er auf mich wartete. Wir setzten uns hin und er umarmte mich von hinten. Zusammen rutschten wir dann ins Wasser und schwammen kurz eine kleine Runde.

War ganz schön komisch mit soviel an im Pool zu sein, aber auch geil irgendwie. Wir rutschten dann immer wieder die Rutsche runter und lachten. Am Beckenrand wollte er mich küssen und ich stoppte ihn. "Solange Sophie in Quarantäne ist, will ich das nicht, auch nicht von Jan!" Da guckte er mich ganz schön blöd an und verstand die Welt nicht mehr. Nee, will ich auch nicht, solange Sophie nicht zu uns kann, will ich keine Küsse haben. Wir schwammen danach nur stumm nebeneinander her und hielten uns zwischendurch am Rand fest.

Nach einigen Minuten kam Mama zu uns und wollte das wir wieder ins Haus kommen. "Das Wasser ist doch viel zu kalt!" meinte sie. Wir, fast wie aus einem Mund: "Sind doch warm angezogen!" und lachten. Mama lachte mit und sagte: "Spinner, kommt mal lieber raus jetzt!" Das machten wir auch und gingen Hand in Hand zum Haus rüber, wo wir uns unter die Dusche stellen sollten. Noch vollbekleidet wusch er meine Haare und ich seine. Ich war noch grad dabei seine Haare auszuspülen, da sagte Mama neben uns: "Ihr seid ja immer noch nicht ausgezogen!" "Nee, wir haben uns die Haare gewaschen!" sagten wir wieder fast zeitgleich und lachten wieder.  Sie schüttelte nur den Kopf und verschwand.

Wir beiden guckten uns an und machten nichts. Keiner von uns wollte sich vor dem anderen ausziehen, naja, ich jedenfalls nicht. Das Wasser prasselte so schön auf unsere Jacken und bevor ich ihn doch noch küsste, verschwand ich lieber nach oben ins Bad. Dort zog ich mich aus, duschte kurz und zog mir frische Sachen an. Als ich wieder rausging, lief Lukas gerade wieder nach unten und sagte: "Sophie gehts schlechter!" "Was? Nein!" schrie ich und rannte mit runter. Dummerweise knickte ich wieder mit meiner Beinprothese ein, aber bevor mir was passieren konnte, fing mich Lukas auf und meckerte mich an: "Bau du jetzt nicht auch noch Scheiße!"

"Was macht ihr denn da so laut?" rief Sophie aus ihrem Zimmer. "Nichts, alles gut, wie gehts dir?" rief ich zurück. "Gut! Liege im Bett!" meinte sie. Mama: "Da gehts mir auch immer gut!" und lachte kurz. "Was hat sie denn?" fragte ich, weil Lukas ja sagte das es ihr schlechter geht. "Nichts, sie hat nur mehrfach genießt!" lachte Mama Claudia im Hintergrund. "Ach so, und ich dachte schon!" beruhigte ich mich und versuchte Lukas ein Tritt in Arsch zu geben. Er war aber schneller und ich traf ihn nicht. Blödkopf, der!"

Naja, danach gab es noch was zu Essen und wir verschwanden alle in unsere Zimmer. Was Lukas noch machte weiß ich nicht, aber ich rief Jan an und er sabbelte mich in den Schlaf.

 

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