Sternenguckerin Sophie oder

Hält das Eis?

(13.12.2022)
Dies Erlebnis hat Vanessa (14) für mich aufgeschrieben, weil ich ja eine verstauchte Hand hab.

Auch wenn ich eine verstauchte Hand hab, konnte ich mit meiner Nanni über den kleinen Weihnachtsmarkt bei uns in der Nähe. Wir tranken heißen Kakao, aßen Schmalzkuchen und eine Bratwurst und guckten hier und da, ob wir noch etwas kleines als Geschenk finden. Bei den Schals, Mützen und Schmuck mussten wir natürlich auch lange stehen, weil wir uns wieder mal nicht entscheiden konnten was wir haben wollen. Einem kleinen Mädchen, so um die fünf oder so, haben wir noch ein heißen Kakao geholt, weil die Mutter (eine Ukrainerin) nicht so viel Geld hatte und die kleine immer nur am weinen war. Wir konnten uns zwar nur mit Händen und halbes Englisch verständigen, aber die kleine war überglücklich und umarmte mich kräftig. Später haben wir die beiden noch am Bus gesehen und die Nummern ausgetauscht. Die kleine versuchte da sich nochmal auf gebrochenem Deutsch sich bei uns zu bedanken und strahlte uns immer an.

Auf dem Weg nach Hause, es war schon dunkel, fuhren wir extra langsam um die ganzen Weihnachts-Lichter, die die Menschen trotz Stromkriese an hatten, zu sehen. Bei manchen war es ganz schön viel und bei den meisten war es nur ein Kronleuchter oder ein kleiner Tannenbaum der im Fenster stand. Es war auf alle Fälle schön anzusehen. Bei uns vor dem Haus, meinte Nanni so: "Boah, hier müssen ja Millionäre wohnen!" "Ähm, nö!" kam da von mir. Wir haben das Haus geschmückt, wie Mama es schon seit Jahren macht. Auf dem Dach klettert ein Weihnachtsmann rum, viele Lichterketten an der Dachrinne und in den Bäumen, mehr nicht. Und außerdem hatte sie selber dabei noch geholfen vor dem ersten Advent.

Weil uns nicht wirklich kalt war in unseren dicken Daunenjacken, Mützen, Schals und Handschuhen usw., blieben wir noch im Garten und guckten was der Whirlpool macht. Er war abgedeckt und eine kleine Eisschicht lag auf der Abdeckung. Das Schlammloch, in dem ja der Funki-Schulranzen sein soll, lag eine kleine Eisschicht drauf und drum herum lag leichter Schnee. Der Fluss führte auch kleine Eisschichten, aber um drauf zu gehen wohl noch zu dünn. Wir haben es auch nicht ausprobiert. Der Mond schien hell und wir gingen Hand in Hand weiter und knutschten uns irgendwo zärtlich ab, wo wir dann auch ein paar Sternschnuppen sahen und uns schnell was wünschten, auch wenn es eigentlich quatsch ist.

Als wir dann doch ins Haus gehen wollten, meinte Nanni, das da jemand im Liegestuhl liegt. Ich guckte sie schief an und sagte, dass Mama da bestimmt ein Weihnachtsmann oder so hingelegt hat. "Sieht aber komisch aus!" meinte sie und wir gingen hin. Je näher wir kamen, desto lautere Musik hörten wir. "Wer liegt denn da?" fragte ich und suchte mein Handy. Es war ganz schön dunkel in der Ecke und wir schlichen mehr als dass wir liefen. Mit Taschenlampenlicht vom Handy gingen wir weiter und sahen Sophie mit dicker Skihose, Stiefeln und Daunenjacke da in einem Liegestuhl liegen. Sie hatte dicke Kopfhörer auf und eine dicke Mütze drüber. Ihren Schal hatte sie bis über die Nase gezogen. Ich stupste sie an der Schulter an und fragte was sie da macht. Sie erschrak sich so heftig, das sie vom Liegestuhl kippte und etwas weiter weg rannte. Wir lachten und leuchteten sie an.

"Bah, ihr seid das, spinnt ihr?" meckerte sie uns an und hielt ihre Hand ans Herz. "Man Ey, ich dachte dass wäre ein Tier oder so, ihr spinnt doch wohl!" meckerte sie halb schreiend weiter und nahm ihre Kopfhörer ab. "Was liegst du bei der kälte im Garten rum?" fragte ich und Nanni fragte halb lachend: "Vor allem in der Dunkelheit!" "Menno!" meckerte Sophie (12) und: "Sternschnuppen gucken!" Wir lachten kurz und erzählten ihr, das wir heute auch schon welche gesehen haben. "Ja weiß ich!" knurrte sie uns darauf hin an. "Woher, hast du unsere Augen geklaut?" fragte Nanni sie und ich lachte laut los. "Haha!" meinte sie und setzte sich wieder auf den Stuhl. "Ist dir nicht kalt?" wollte ich noch von ihr wissen und sie so: "Nee, geht weg!" Ich fragte sie noch warum und schlug vor, das wir uns alle auf Liegestühle da hin setzen und in den Himmel blicken. Wollte sie aber nicht und ging weg.

"Wo willst den jetzt hin?" fragte sie Nanni und Sophie so: "Dahin wo ihr nicht seid!" Im dunkeln schlich sie weiter zum Teich hin und guckte immer nach oben dabei. "Pass auf!" rief ich ihr zu. "Lass mich!" kam von ihr und ging weiter. "Hält das Eis?" fragte mich Nanni, aber das wusste ich nicht. Sehr langsam stieg Sophie auf das Eis und klopfte mit ihren Füssen drauf rum. Es hielt und sie ging weiter rauf. In der Mitte vom Teich blieb sie stehen, hockte sich hin und sagte: "Wehe ihr kommt jetzt hier her!" "Ist ja gut!" sagte ich, zog ne Schnute und verschwand mit Nanni zum Haus rüber. "Aaah!" Platsch! hörten wir und rannten schnell zurück. Sophie stand bis zur Brust im Eiswasser und lachte. "Komm da raus man!" verlangte ich von ihr, aber das wollte sie nicht. "Du holst dir was weg man!" sagte Nanni. Sie blieb einfach da stehen und guckte nach oben. Ihre Arme lagen auf dem Eis und dann zeigte sie nach oben und sagte: "Da, eine Schnuppe!" Sie sagte es, als wäre es selbstverständlich das sie dick bekleidet im Eiswasser steht. Sie fror nicht mal und ich fragte was sie alles an hat. "Hab Neoprenanzug drunter!" muffelte sie und guckte wieder in den Himmel. "Die spinnt doch voll!" sagte ich und ging mit Nanni wieder zum Haus.

In der Küche stand Mama Claudia und ich so: "Sophie steht im Teich und guckt Sternschnuppen!" Claudia: "Was? Spinnt die?", zog sich ihre Steppjacke an und Gummistiefel und rannte raus. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen und liefen ihr hinterher. Mit einer Taschenlampe bewaffnet leuchtete sie den Weg zum Teich ab und schimpfte: "Sag mal spinnst du, komm da mal schnell raus!" Sophie: "Bin dick angezogen man!" Nanni: "Sie hat ein Neoprenanzug drunter!" Claudia: "Völlig egal was du anhast, komm da jetzt raus!" Sophie: "Nö, will Sternschnuppen sehen!" Claudia: "Ach du spinnst doch wohl, komm raus da jetzt!" Mit knurren versuchte sie auch aus dem Teich zu kommen, aber sie brach mehr das Eis als sie sich drauf legte. Das Eis krachte immer wieder als sie versuchte draufzukommen. Nach ein paar Minuten kroch sie raus und setzte sich auf den Liegestuhl. "Hat jemand was zu rauchen?" fragte sie und fasste an ihre Daunenjacke. "Meine sind nass!" schimpfte sie noch und guckte uns alle an. Claudia lachte kurz, schimpfte kurz und gab ihr dann eine Zigarette.

Nach dem rauchen, was Nanni und ich nicht taten, gingen wir alle ins Haus. Sophies Hose und Jacke knirschten leicht, weil sich wohl schon Eis gebildet hatte und wir lachten. Claudia meckerte noch weiter mit Sophie und wir verschwanden in mein Zimmer. Kurz wärmten wir uns da auf und setzten uns dann auf Liegestühle auf mein Balkon. Mein kleiner Tannenbaum, der beleuchtet war und die Lichterkette am Geländer machte ich aus und dann konnten wir ungestört in den Himmel blicken. Da schmiedete Nanni schon Pläne, wie wir das Zimmer umstellen, damit meine kleine ihr eigenes Zimmer bekommt. Auf dem Tisch lag eine dünne Schnee oder Eisschicht und sie malte mir ihre Gedanken auf. "In deiner Schlafecke kommt die kleine rein und unser Bett stellen wir in deine Bastelecke!" meinte sie und ich so: "Na toll, und wo soll ich dann basteln?" Nanni: "Vor dem Fernseher oder am Schreibtisch!" Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile und guckten immer wieder in den Himmel und tranken nebenbei heißen Kakao, den sie in meiner Küche gemacht hatte. Irgendwann hörten wir Sophie unten auf ihrer Terrasse. "Könnt ihr mal still sein da oben!" schimpfte sie zu uns rauf und wir so: "Wieso, kannst die Sternschnuppen nicht hören?" Nanni lachte sich still ein und ich guckte kurz nach unten. Sie hörte uns nicht mehr, weil sie wieder ihre dicken Kopfhörer aufsetzte und sich auf ihren Liegestuhl setzte.

Hand in Hand guckten wir ohne was zu sagen den Sternschnuppen weiter zu, bis Mama rein kam und nach uns sah. "Ach wie süß, nein ist das schön!" strahlte sie als sie auf den Balkon kam und wir grinsten sie nur an. "Auch schon Feierabend?" fragte ich leise. "Jub, wolltet ihr nicht noch die Kekse unten weiter machen?" kam von ihr. "Oh ja, da war ja noch was!" antwortete ich und ging mit Nanni schnell nach unten. Vorher zogen wir uns natürlich noch was anderes an. Auf dem Weg nach unten sagte Nanni, das wir morgen umräumen werden. Mama wollte gleich wissen warum und Nanni so: "Naja, unser Mädel braucht doch Platz!" Mama: "Wieso, hat sie nicht schon genug?" und guckte mich an. Ich runzelte die Stirn und Nanni dann so: "Ach Laura doch nicht, unsere Tochter!" Also das grinsen in Mamas Gesicht hättet ihr mal sehen sollen, herrlich! Sie strahlte bis über beide Ohren und fragte uns, ob wir das auch wirklich so wollen. In der Küche unterhielten wir uns noch eine Weile darüber und dann verschwand Mama im Büro.

Weil ich das so schön fand, das Nanni mit mir das Kind zusammen aufziehen will, schmuste ich noch kurz kräftig mit ihr und dann verzierten wir die Kekse. Am allerliebsten hätte ich Nanni nur noch bei mir, aber ihre Eltern und ihr Bruder wollen sie ja auch mal wieder sehen.

 

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