Bei den Findlingen

(26.05.2023)
Nach der Schule hatte ich mal wieder Bock auf eine kleine Radtour. Das Wetter dafür war ja gut und so radelten Melody (14), Vanessa (15), Miriam (14), Medina (noch 13), Eslem (14) und ich (Laura, 14) ein wenig an der Lesum entlang in Richtung Innenstadt. Da es dort aber irgendwie nicht wirklich schön war und auch nicht so richtig vorwärts ging, kehrten wir wieder um und fuhren woanders lang, kamen aber wieder an die Lesum ran. Da fragte uns Eslem, ob wir ihr die ganzen Findlinge zeigen könnten wo wir mal waren. Sie wollte auch sehen, ob es dort wirklich so aussieht wie in meiner Playmobil-Version. "Klar!" antwortete Nanni (Vanessa) und wir fuhren hin.

Diesmal war dort alles in Ordnung und wir konnten ohne Probleme unter der Bahnbrücke hindurch. Es fuhren dort noch andere entlang, aber niemand bog zu den Findlingen ab, was uns natürlich freute. Essi (Eslem, eine Türkin) warf gleich ihr Fahrrad hin und kletterte die Findlinge rauf. Sie faselte irgendwas in ihrer Sprache und meinte dann so, dass man daraus gut ein Haus bauen kann. Medi (Medina, Albanerin) stimmte ihr zu. Melo (Melody, Deutschtürkin) war da ganz anderer Meinung und fügte an, dass man daraus höchstens ein Haus an der Steilküste auf Rügen bauen könnte. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile darüber und stritten uns fast noch, besonders Medi und Melo.

Irgendwann ging es mal weiter und wir verliefen uns, weil mein Navi am Fahrrad nicht ging und auch unsere Smartphone´s wollten irgendwie nicht. Plötzlich standen wir vor einem Tümpel oder was das war, auf alle Fälle nicht groß genug um es Teich oder See zu nennen. Von dem Tümpel führte ein Graben ab in unsere Richtung, wo wir hin mussten. Miri (Miriam, Deutsche) schlug vor, den Weg weiter zu gehen, was wir auch ein paar hundert Meter machten. Danach ging es nicht mehr weiter und wir machten eine Pause. Medi und Eslem wollten dann unbedingt wissen wo dieser Graben weiter hingeht und stolperten zu ihm runter und rein. Wir lachten uns kaputt, weil es so lustig aussah, wie sie da runterstolperten. Beide standen bis zu den Knien im Wasser und lachten. Der Graben führte durch ein Rohr oder sowas. Als die beiden reinguckten, sahen sie nichts und riefen immer: "Hallo!" Außer einem Echo hörten sie nichts.

Etwas weiter kamen wir wieder an die Lesum und da ging auch mein Navi, was ich zum Geburtstag bekommen hatte, wieder. Wir fuhren an halbe Schlösser vorbei und landeten an einem süßen Café, wo man draußen essen konnte. Ich glaub das wird unser neuer Treffpunkt am Nachmittag, einfach nur herrlich dort und unweit vom neuen Zuhause. Nach einem sehr leckeren Kuchen ging es weiter zur Fähre und nach Hause, wo Medina, Melody und Miriam nicht mit hin sind. Essi verschmierte immer den Schlamm an ihren Stiefeln und ich so: "Kannst gleich mit in Pool gehen!" Essi: "Mach ich auch!" Ich guckte Nanni an und Essi dann so: "In Pool? Echt jetzt?" Wir lachten laut los und dann meinte Nanni so zu ihr, dass sie ja eh schon mit im Wasser war und das nicht auffallen würde.

Voll am überlegen fuhr sie mit uns weiter und fragte nachdem wir weiter aus der Stadt raus sind, wo wir wohnen. "Wohnt ihr am Arsch der Welt sag mal?" kam von ihr und Nanni und ich fast wie aus einem Mund: "Naja soweit auch wieder nicht!" und lachten. Völlig durchgeschwitzt kamen wir bei mir zuhause an und stellten die Räder ab. "In Pool?" fragte Nanni und ich so: "Aber immer!" Essi: "Echt jetzt?" "Komm!" sagte ich und zeigte ihr mit der Hand wo es lang geht. Das Poolhaus war offen und wir gingen rein. Schon in der Tür hörte ich mein Bruder Lukas, wie er am lachen war. Das konnte nur er sein, weil kein anderer so lacht.

Wir gingen weiter und guckten was los ist. Lukas (13) schwamm mit Sascha um die Wette und ihre Daunenjacken blähten sich dabei immer auf und sie kamen nicht wirklich vorwärts. "Lasst Euch doch treiben!" lachte ich. Beide drehten sich um und brüllten: "Moin!" Wir lachten kurz und dann sprangen auch Nanni und ich mit unseren dickeren Steppjacken rein. Unsere ergobag´s nahmen wir vorher noch ab. Essi stand nur da und guckte uns zu. Zu viert ließen wir uns auf dem Wasser treiben und lachten. "Dürft ihr das?" fragte Essi und wir so: "Komm rein!" Weil sie schon bis zu den Knien im Wasser war heute, kam sie wirklich die Stufen ins Wasser und blieb stehen. Nanni: "Dein Rucksack!" Essi: "Scheiße!" und ging wieder raus. Ich: "Wollt die jetzt echt mit der Jacke rein?" Es war eine Helly Hansen Jacke und ziemlich dick. So kalt fand ich es heute zwar nicht, aber das muss ja jeder selber wissen.

Sie ging zum Tisch und legte dort ihren Rucksack ab. Danach entleerte sie ihre braunen Lederstiefel und kam wieder zum Pool. "Komm schon!" grinste ich sie an und sie kam wieder die paar Stufen ins Wasser. Etwas später ging sie ein Schritt weiter rein, schrie: "Scheiße!" und schwamm dann drauf los. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, wie auch Nanni. Sie schwamm wirklich mit der HH Jacke und ließ sich schon bald auf dem Rücken treiben. Lukas und Sascha befanden sich in der Zeit in einer Ecke am knutschen. "Sind die zusammen?" fragte sie uns. Wir nickten nur mit dem Kopf und ließen uns weiter treiben. Etwas später ließen sich auch Lukas und Sascha treiben und wir fünf guckten Löcher in die Luft.

Da kam Mama plötzlich rein und sprang mit ihrer rosa Daunenjacke und Winterstiefel ins Wasser. "Mama!" riefen Lukas und ich fast zeitgleich und sie so: "Was ihr könnt, kann ich schon lange!" und ließ sich dann neben uns treiben. Wir guckten sie an und grinsten voll, weil sich ihre Jacke voll aufgeblasen hatte und sie gleich fünfmal so dick war als sonst. Die Jacke jetzt, nicht Mama, Grins! Mama war irgendwie komisch drauf und wollte immer, dass wir mit unseren Jacken vom Beckenrand reinspringen und abtauchen. Sie fragte nicht mal wer Essi ist oder wo sie herkommt oder so. Zu sechst sind wir immer wieder raus, entleerten die Jacken und sprangen wieder in den Pool. Zum Teil tauchten wir auch ab, was auch Essi machte.

Irgendwann guckte Mama traurig und stellte sich im Pool an den Rand, wo ich sie ansprach, ob es ihr gut geht. Da erzählte sie mir nur, dass ihr Mama Claudia fehlt, die ja wegen Schmerzen und den Kindern im Krankenhaus liegt. Nach einiger Zeit umarmte ich sie und Lukas kam angeschwommen. "Ist was mit Claudia?" fragte er aufgeregt und wir so: "Nö, alles gut!" Mama schob noch hinterher, dass sie sie sehr vermisst und bekam Tränen in den Augen. Da ich nicht wollte, dass sie losheult, schlug ich vor Wasserball zu spielen. Fand sie gut und so machten wir es dann auch. Dachte eigentlich, dass wir Mannschaften bilden, aber irgendwie spielten wir alle zusammen. Jeder schmiss den Wasserball zum anderen weiter und zurück. Machte voll Spaß mit den dicken Jacken an und dann fragte ich Essi, ob sie kein Ärger zuhause bekommt, wegen der Jacke. "Nö, ach iwo, ich doch nicht!" Kam mir komisch vor und fragte nochmal nach. Da erzählte sie uns, dass sie öfters mal so schwimmt und auch so baden geht und das ihre Eltern auch nichts dagegen haben und so. "Und wieso kennen wir uns erst jetzt?" fragte ich neugierig und Mama grinste voll. "Liegt wohl daran, dass ich erst jetzt nach Bremen gezogen bin und wir in einer Klasse sind?!" klärte sie uns auf und zeigte uns, dass sie sogar ihr Smartphone, den Geldbeutel, Schlüssel und Kleinkram noch in den Taschen hatte. "Wow!" grinste ich und zeigte ihr, was ich alles in den Taschen hatte. "Ne Binde?" kam da von ihr und ich so: "Hab sogar grad eine drin!" "Igitt, du schwimmst mit Tage?" Nanni: "Nee, mit Binde!" Mama lachte voll laut los und dann wollte sie, dass wir zum Haus rüber gehen.

Im Wintergarten fragte Mama uns noch, ob wir Bock haben ne Pizza zu machen. "Au ja, kommt ihr?" strahlte ich, weil ich wusste dass wir jetzt mit den nassen Klamotten und Jacken in der Küche sein werden. Sascha fragte gleich, ob wir so bleiben sollen wie wir sind. "Warum nicht!" sagte Mama darauf und ging rein. Er guckte uns an wie ein kaputtes Auto, was auch Essi machte und dann folgten wir ihr in die Küche, wo wir uns auch gleich ans Werk machten. Unsere Jacken tropften aus Ärmel und Bund und die Küche glich einem See. Der ganze Boden glänzte und wir rutschten zum Teil hin und her. Nach und nach zogen wir aber unsere Jacken aus und machten ohne weiter. Im Wintergarten warteten wir auf die fertige Pizza und als es klingelte, holte Sascha uns das Blech aus dem Ofen. Nachdem wir unsere Jacke ausgequetscht hatten, zogen wir sie auch wieder an und aßen die Pizza. War irgendwie geil gewesen so die Pizza zu essen. Öhm, die Jacken haben wir nur ausgequetscht, nicht gedreht, gezogen oder draufgestellt, weil so gehen die Klamotten kaputt. Also nur auswringen und bloß nicht zu zweit die Klamotten drehen, weil wie gesagt: So gehen sie kaputt und dazu sind sie nicht gemacht.

Die Pizza war leider viel zu schnell vergriffen und wir verteilten uns überall zum umziehen. Essi rief ihre Mutter an und sagte ihr: "Kannst du mich abholen Mama?" - "Nö, war wieder mit Klamotten schwimmen!" - "Ja also öhm, ich bin, äh!" und zu mir: "Wie heißt das Kaff hier noch?" Ich lachte kurz und nahm ihr das Handy weg. Kurz redete ich mit der Mutter und erklärte ihr, wie sie zu uns kommt. Dann nahm Essi das Handy wieder und quasselte was auf Türkisch. Ich schielte überall hin und sagte ihr dann so: "Ähm, ich glaub die hat mich schon verstanden!" Sehr langsam öffnete sich ihr Mund und dann so: "Dann weißt du also auch, dass ...." Ich sprach weiter: "du im Pool auf sie wartest! Ja!" Da war sie Sprachlos und fragte ob sie es überhaupt darf. "Wenn deine Mama ja gesagt hat, darfst du das wohl!"

Obwohl meine Lüdde geweint hatte, ging ich mit Eslem wieder zum Pool und sprang rein. Sie hatte wieder ihre HH Jacke an und ich war ohne drin. Wir schwammen umher, tauchten und stellten uns dann am Rand hin und unterhielten uns. Nach etwa einer knappen Stunde kam ihre Mutter rein: "Was machst du denn immer?" lachte sie und: "Komm, zieh dich mal schnell um!" Während sie zu den Stufen schwamm, beobachtete ich ihre Mutter, die wie eine reine Deutsche angezogen war und auch so aussah. Sie grinste voll und hielt ihrer Tochter ein großes Handtuch hin. "Na du bist mir ja eine!" sagte die Mutter und strich über ihre Haare. Sie zog ihre Jacke aus und gab sie ihrer Mutter und danach verschwand sie nach hinten zu den Duschen.

Ich schwamm noch ein paar kleine Runden und ging dann zum Tisch. Da quetschte mich ihre Mutter aus, so von wegen, ob sie einfach so rein ist oder ob wir sie dazu bewegt haben. Sie erzählte mir die komischsten Dinge und meinte dann so, dass ich auf sie aufpassen soll, weil sie auch gerne mal in der Schule bekleidet Duschen geht und so. Ich hörte ihr gespannt zu und fragte mich, ob ich das alles glauben soll. Es kam mir alles so unwirklich vor und dann kam Eslem zu uns und sagte: "Na, hat Mama dir ordentlich Mist erzählt?" Ihre Mutter: "Essi, komm du mir nachher und willst was essen!" Essi: "Hatte vorhin schon Pizza!" Grinsend schob die Mutter sie nach draußen und weg waren beide, samt ihrem Rucksack, der noch am Tisch stand.

Als ich wieder in mein Zimmer kam, lag Nanni mit meiner Lüdden im Bett und pennte mit ihr um die Wette. "Njam!" sagte ich leise und Nanni dann so: "Dito!" Wollt mich grad aufs Bett setzen, da meinte sie, dass ich mich vorher umziehen soll, weil ich ihr sonst zu kalt bin. Das machte ich auch schnell und dann knuddelten wir uns in den Schlaf. War zwar noch früh, aber da die Lüdde grad pennte..., gell?!?

 

Zurück zur Hauptseite