Patschnass in der Straßenbahn (13.03.2020)

von Claudia

 Ich setzte mich am morgen, nachdem die Kinder in der Schule waren, ins Auto und fuhr zu Natalie ins Krankenhaus. Da ich nicht reingekommen bin, wegen der Wachen davor, ist Natalie schnell hinten raus. Wir haben in einer Sitzecke eine Tasse Kaffee (aus dem Automaten) getrunken und uns unterhalten. Ihr und dem Kind geht es den Umständen entsprechend gut. Leider konnten wir nicht lang genug zusammen bleiben, weil uns die Schule anrief und meinte das die Kinder nach Hause geschickt werden. Schon Mist, aber macht ja nichts.

Auf dem Weg nach Hause, versagte mein Auto. Kein Benzin, obwohl die Anzeige was anderes sagte. Schnell entleerte ich den Reservekanister und fuhr weiter. Doch leider wollte die blöde Kiste nicht weiter. Der ADAC hatte keine freien Mitarbeiter zur Verfügung und ich lies den Wagen einfach da stehen wo er war. Zum Glück nicht im Halteverbot oder so. Bin dann also mit der Straßenbahn nach Hause. Eine knappe Stunde später kamen Sophie und Lukas (beide 9) nach Hause und berichteten das ab Montag Zwangsferien sind und das bis nach den Osterferien. Sie müssen aber zuhause weiter ihre Aufgaben erledigen. Sie hatten so einige Blätter und Buchseiten an die Hand bekommen, die sie zu Hause machen sollen. Unvorbereitet kam es ja nicht, weil es wurde ja genug in den Medien davon berichtet. Aber nun ist es soweit und die Kinder müssen zuhause bleiben.

Ein paar Stunden später rief mich der ADAC an und meinte das sie zu meinem Wagen kommen. Also schnell aufs Fahrrad und hin. Leider konnte der vom ADAC auch nicht weiter helfen und lies den Wagen in eine Werkstatt bringen. Gerade wieder aufs Fahrrad gestiegen, rief mich Natalies Tante an und sagte das ich vorbeikommen soll, weil sie etwas für uns hat. Selber vorbeikommen kann sie leider nicht, wegen Krankheit. Als ich sagte, das ich gerade mit Fahrrad unterwegs bin, meinte sie, das ich mir Zeit lassen kann, weil ja Wochenende ist. Kurz überlegt fuhr ich wieder nach Hause. Kaum angekommen, rief mich die Tante wieder an. "Also, öhm, ja, es ist schon Wichtig das du kommst! Nicht erst morgen!" sagte sie mir. Kurzes Gespräch, weil mein Auto ja in der Werkstatt ist und ihre Schwester, also Natalies Mutter, unterwegs ist.

Da Sarah (21) und Yvonne (17), Natalies Schwestern bei der Mutter waren, um auf die kleinen aufzupassen, habe ich Lukas und Sophie vorbeigeschickt. Weil alleine lassen kann man die beiden ja auch nicht wirklich. Danach setzte ich mich aufs Fahrrad und fuhr nach Sarstedt durch die Eilenriede. Irgendwie verfuhr ich mich immer wieder und dachte irgendwann, das es besser wäre, wenn ich mit der Straßenbahn weiter fahre. Es wurde immer dunkler und dunkler und mein Licht am Fahrrad schien nicht wirklich weit. Gesehen habe ich noch genug, aber leider nicht gut genug. Ich kam vom Weg ab und konnte mich grad noch so halten. Nichts passiert.

Wieder auf dem Weg fuhr ich weiter Richtung Maschsee. Eine Katze lief mir über den Weg und ich konnte nicht schnell genug bremsen und fuhr vom Weg ab. Diesmal konnte ich mich allerdings nicht mehr halten und stolperte mit dem Fahrrad in ein Wassergraben. "Super!" schrie ich kurz und versuchte abzusteigen. Die Katze schrie ebenfalls, weil sie sich wohl erschreckt hat. Mein Absteigen misslang mir gewaltig. Ich stützte zur Seite und lag komplett im Wasser. Mit Unterwäsche, Jeanshose, Lederstiefel, BH, Pullover und warmer Steppjacke und Rucksack. Und mit meiner Beinprothese natürlich. Ich meckerte und lachte zugleich.  Ein paar Leute, die da lang liefen, blieben stehen und fragten ob alles in Ordnung sei. Ich lachte: "Ja, alles okay, bin nur nass geworden!" Zwei der Leute halfen mir aus dem Wassergraben und versuchten mit mir, mein Fahrrad rauszuholen. Habe es am Ende dann doch selber raus geholt. War ja schon nass genug.

Tja, was soll ich sagen? Da war ich halt nass bis auf die Haut. Mein Fahrrad hatte zu allem Übel auch noch ein platten und eine kleine Acht. "Richtig geil!" sagte ich laut. Zur Straßenbahn war es von da nicht mehr weit, also lief ich hin. In einem Fahrradständer, der vor der Station war, stellte ich mein Fahrrad ab und ging zur Haltestelle. Etwas kalt war mir schon, aber es ging. Meine Klamotten waren nicht mehr ganz so nass, aber getropft haben sie trotzdem noch. Die Leute guckten mich blöde an. "Es hat doch gar nicht geregnet!" meinte ein Mann zu seiner Frau und sah zu mir rüber. "Nö, ich war eine Runde im Maschsee schwimmen!" sagte ich darauf. Die Frau: "Mit Kleidung? Ach Kindchen, was machst du denn?" Ein Jugendlicher so: "Hättest dich nicht vorher ausziehen können?" "Wozu ausziehen? Schwimme gern bekleidet!" antwortete ich und dann kam schon die Bahn.

Pitschnass stieg ich ein und die Jugendlichen lachten und flüsterten. Die Frau: "Jetzt aber schnell nach Hause mit dir, du erkältest dich ja noch! Ach Mensch, nee, du machst ja Sachen!" Völlig normal als wäre nichts gewesen setzte ich mich auf einen freien Platz und sah hinaus. "Warst du wirklich so schwimmen, bei der kälte?" fragte mich dann einer der Jugendlichen. "Nein, bin vom Weg abgekommen. Aber mir macht das nichts aus. Schwimme gern bekleidet!" sagte ich ihm. Dann unterhielten wir uns eine ganze Weile, bis ich dann ausstieg und zur Tante lief. "Wie siehst du denn aus?" fragte sie mich als sie die Tür öffnete. "Du bist ja ganz nass. Schnell rein mit dir!" Ich lachte nur und fragte ob ich kurz unter die Dusche darf um mich zu wärmen. "Ihr seid mir schon so welche! Das fragt Natalie mich auch immer, wenn sie so nass zu Besuch kommt! Na mach schon!" Da musste ich noch mehr lachen und verschwand unter der Dusche.

Warmes Wasser an und meine Kleidung abgespült. Tante kam rein und legte mir trockene Sachen von ihrer Tochter hin, die ungefähr meine Größe hat. Zum Glück. Schnell wurde mir wärmer. Sie ging aber nicht gleich wieder raus, sondern quetschte mich erst mal aus, was passiert ist. "Hach Mensch, hätte ich das gewusst...!" Selbst als ich mich dann voll bekleidet in die volle Badewanne legte, ging sie nicht. Sie unterhielt sich mit mir. Ich fragte dann was sie für uns hat und ob es wirklich so wichtig gewesen ist, das ich sofort komme und so. Fand das schon lustig. Da lag ich voll bekleidet vor ihr in der Badewanne und sie unterhält sich mit mir, als wäre es völlig normal. Sie gab mir sogar noch eine Zigarette.

Nach einiger Zeit sagte ich dann das ich mich jetzt ausziehen und mich waschen will. "Ja klar, mach das! Wir können uns ja nachher noch weiter unterhalten!" Das machten wir dann auch und aßen ein paar Kekse dabei. "Bleib doch über Nacht, süße! Vielleicht sind deine Sachen bis dahin ja wieder trocken!" sagte sie dann plötzlich zu mir. "Sehr nett, aber ich muss zurück zu Sophie und Lukas. Die kann man doch nicht allein lassen!" sagte ich darauf. "Hach Mensch ja. An die beiden hab ich gar nicht gedacht!" sagte sie und dann machte ich mich fertig um zu gehen. "Meine Sachen kann ich ja später irgendwann mal abholen! Und diese zurück bringen!" sagte ich noch und ging zur Bahn. Auf dem Rückweg ist nichts weiter passiert. Mein Fahrrad hab ich an der Haltestelle stehen lassen.

Ziemlich spät kam ich zuhause wieder an. Das erste was Sophie mich fragte: "Ziehst du gerne Kinderkleidung an?" "Hach Sophie, das weißt du doch!" Bevor ich noch was sagen konnte fragte sie mich: "Warst du bei Tante XY? Die redet auch immer so!" "Genau, und von der Tochter musste ich was anziehen, weil ich im Maschsee schwimmen war!" antwortete ich. "Du warst was? Im Maschsee?" guckte sie mich ungläubig an. Dann erzählte ich den beiden alles und wir lachten kräftig zusammen.

 

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