Ab durch den Tunnel

(21.07.2020)
Am Vormittag haben wir alle unsere Übungshefte, Rätselhefte, Stifte usw., mit denen wir ja in der Weser waren, trocken bekommen und haben auch einiges daraus gelöst. Sophie (10) hat wieder ihre Matheaufgaben gemacht und war sehr schnell fertig damit. Die hat das echt drauf. Am Nachmittag bin ich mit Chantal (12) in die Stadt gefahren um ihre neue Brille abzuholen. Ich war schon ganz gespannt, weil ich hab sie noch nie mit einer gesehen. Sie soll wohl schon immer eine tragen, ich habe sie aber dieses Jahr und in den letzten zwei Wochen nur ohne gesehen.

Obwohl wir sehr schnell mit unseren Rollerblades gefahren sind, haben wir die Fähre nach Vegesack verpasst und mussten knapp fünfzehn Minuten auf die nächste Überfahrt warten.  Und was soll ich sagen, da stand wieder dieser Typ, der auf dem Zeltplatz was von mir wollte. Er sprach uns gleich an und fragte uns wo wir hin wollen. Chantal guckte ihn voll schief an und fragte ihn was er überhaupt von uns will. Sie interessierte ihn aber nicht und quatschte mich voll. Ich fing dann an ihn auf Plattdeutsch voll zu reden. Chantal grinste nur die ganze Zeit und der Junge verstand nichts von dem was ich sagte. Kopfschüttelnd verschwand er dann auch zu seinen Eltern, die an einem Auto standen. "Super!" lachte Chantal und dann kam auch schon die Fähre und wir fuhren drauf. Da wurden wir drauf hingewiesen, das wir unsere Snutenpullis tragen müssen und wir setzten sie schnell auf.

Auf der anderen Seite der Weser, setzten wir sie wieder ab und fuhren zu Fielmann, der nicht weit vom Anleger war. Nach einer kleinen Wartezeit kamen wir dran und sie bekam ihre neue Brille. Sie setzte die auf und sagte: "Huch, ich seh ja wieder richtig was!" Die Frau und auch ich mussten da kurz lachen. Die Frau fummelte an der Brille rum und stellte wie immer blöde fragen. Und das auch noch mit Maske auf. Chantal durfte ihre zwischendurch absetzen, weil eine dicke Scheibe zwischen den beiden war. Irgendwie musste man ja auch sehen, wie ihr die Brille auch ohne Maske steht. Nachdem wir fertig waren, fuhren wir langsam wieder raus und sie sagte: "Die ist voll hässlich!" Ich guckte überall hin und fragte wer hässlich ist. Sie lachte und meinte dann das sie ihre Brille damit meinte.

Das verstand ich überhaupt nicht, weil ich fand sie mit Brille viel schöner als ohne und sagte es auch so zu ihr. Wir sind dann noch zur Apotheke rein und haben bei der AOK was in Briefkasten gesteckt und sind dann dort gegenüber in ein Café. Das Eis was wir da bekommen hatten, war total lecker. Also da werd ich bestimmt öfters mal reingehen. Beim Eis essen guckte ich sie immer so an, wegen der Brille. Irgendwann fragte sie mich ob ich nicht mal anfangen will mein Eis zu essen, weil sie war schon fast fertig. Ich zuckte da voll zusammen und guckte sie groß an. "Was hast du?" fragte sie mich und ich so: "Nichts!" und aß mein Eis.

Auf der Fähre später musste ich sie wieder ansehen. Sie merkte das glaub ich nicht und guckte ins Wasser. Die Fähre stoppte und wir fuhren nach Hause. Unterwegs fragte ich sie ob wir noch in den Pool gehen. "Au ja, mit Rollschuhe!" sagte sie. Als wir zuhause ankamen war das Tor zu und wir klingelten und fragten da gleich ob wir in den Pool dürfen. Mama war das egal. Wir liefen rein und holten den Schlüssel bzw. wir wollten ihn holen. "Tja, wo der ist frag ich mich auch!" sagte Mama und sah auf die Überwachungscameras. "Im Pool ist keiner und auch nicht im Teich. Müsst ihr wohl rüber klettern!" sagte sie und wir gingen raus in den Garten.

"Und nun?" fragte ich Chantal und sie so: "Durch den Tunnel!" und zuckte mit der Schulter. Wir gingen ganz nach hinten in den Garten zum Fluss, weil sie von dort rein wollte. Auf dem Tisch holte sie wichtige Sachen aus ihren Rucksack und setzte ihn wieder auf. "Willst mit Rucksack rein?" fragte ich sie. "Du nicht?" fragte sie mich darauf. Ich holte dann auch wichtige Sachen aus meinem ergobag und setzte ihn wieder auf. Da es mir in der Weser richtig Spaß gemacht hat, mit Schulranzen zu schwimmen, wollte ich das jetzt auch. Ich machte die beiden Gurte vom Schulranzen (Bauch und Brustgürtel) zu und sie ging mit Rollschuhen in den Fluss. "Da geht´s aber lang!" sagte ich und zeigte auf den Eingang vom Rohr. "Ich weiß, will mich nur kurz nass machen vorher!" sagte sie und schwamm dann plötzlich mit ihrer Lederjacke.

Danach kam sie wieder zu mir und stieg in den Tunnel. Wir versuchten beide mit unseren Rollschuhen im Rohr vorwärts zu kommen und lachten immer dabei. Nur bis zu den Knien waren wir im Wasser und dann kam die Höhle die Papa und Onkel Jürgen neu gemacht hatten. Da wurde mir ganz anders um die Nase, weil ich hatte ja meine teure Lederjacke an. Sie tauchte ab und schwamm zur anderen Seite. Ich fasste mir ans Herz und folgte ihr. Auf der anderen Seite musste ich sie wieder ansehen und sagte: "Du tauchst hier einfach so mit deiner neuen Brille, Hammer!" Sie: "Du doch auch!" Meine Brille ist zwar schon mehrere Monate alt, aber egal. Ich grinste sie an und nahm ihr ein kleinen Stock aus ihrem Fahrradhelm.

Wir krochen dann weiter durch den Tunnel zum Seerosenteich, wo Sophie drin saß und mit Barbiepuppen spielte. Und wie soll es anders sein, natürlich mit ihrer Hello-Kitty-Jacke und ihrem roten Schulranzen auf. "Kommt ihr grad aus meiner Höhle?" fragte sie uns. Ich: "Woher denn sonst?" Chantal: "Klar, und deine ganzen Teddys haben wir im Rucksack!" Das gefiel Sophie natürlich nicht und wollte sie wieder haben. "Mensch, die haben wir da gelassen, wollt dich nur ärgern!" sagte Chantal zu ihr. Wir gingen dann zum zweiten Eingang und krabbelten rein. "Wo wollt ihr hin?" "In den Pool!" sagten wir beide. "Ach so!" Wir krochen weiter und weiter und kamen dann im Teich raus und standen bis zum Hals im Wasser. Mama (Claudia) stand da am Zaun und wedelte mit dem Schlüssel und lachte. "Na super!" lachten wir beide und Chantal holte dann den Schlüssel. Ich traute mich da gar nicht aus dem Wasser, weil ich ja meine teure Lederjacke anhatte.

"Macht eure Jacken nachher schön wieder sauber!" sagte Mama da plötzlich zu uns und ging lachend weg. Wir schwammen noch kurz und gingen dann den kleinen Weg durch den Teich zum Pool. Ich lachte da voll und sie fragte mich warum ich das mache. "Wir wären ohne Schlüssel nie da rein gekommen!" sagte ich und steckte den Schlüssel in ein Schloss und drehte ihn. Erst dann öffnete sich die Scheibe zum Pool. Da musste auch sie dann richtig laut lachen und fragte, wie Blöd wir eigentlich sind. Schnell durchgeklettert und die Tür wieder zu. Im Pool-raum war es ganz schön dunkel, aber wir konnten sehen wo es lang geht. Wir tauchten ein paar mal und dann schwammen wir ein paar Runden hin und her.

Dann legte sie sich auf eine Luftmatratze und guckte mir beim schwimmen zu. Ich schwamm zu ihr hin und stand bis zum Hals vor ihr im Wasser. Unsere Fahrradhelme hatten wir immer noch auf und ich klopfte auf ihren. "Hey!" sagte sie. "Lassen wir die auf?" fragte ich sie und sie sagte: "Klar, genauso wie die Rollschuhe und die Schützer und den Rucksack!" Dann hörten wir Mama (Natalie). "Zieht eure Lederjacken aus!" Da ich mit sowas schon gerechnet hatte, erschrak ich mich auch nicht, aber Chantal tat es. Wir zogen schnell unsere Jacken aus, setzten unsere Rucksäcke aber wieder auf und schwammen. "In einer Stunde gibt es was zu Essen!" sagte Mama und wir lachten. "Ich stör euch nicht weiter, hab zu tun!" sagte Mama noch und wir beide zuckten mit der Schulter.

Mit meinem ergobag kann man richtig gut schwimmen, wegen der Gurte. Da rutscht der Schulranzen nicht so wie bei Sophie oder den anderen. Anfangs fand ich das ja komisch das alle hier mit Schulranzen ins Wasser gehen, aber jetzt mach ich das selber gerne. Chantal und ich kletterten irgendwann aus den Pool und gingen in die große Sitzecke. Da lagen Zigaretten und wir nahmen uns eine und rauchten sie. Danach sind wir mit den nassen Sachen und den Lederjacken nach draußen und sind zum Wintergarten gerollt. Mama (Natalie) saß da grad und staunte das ich mein ergobag aufhatte. "Oh, mit Schulranzen sogar! Macht dir jetzt wohl doch Spaß, was?" Ich strahlte sie an und erklärte ihr warum ich damit lieber schwimme, als mit anderen. "Nicht schlecht!" sagte sie grinsend. Das wir unsere Rollschuhe und die Fahrradhelme trugen, war ihr glaub ich egal. Sie nahm uns die Jacken und Schulranzen ab und brachte sie in den Trockner, glaub ich. Wir zogen uns weiter um und gingen zum Essen.

Nach dem Abendbrot sind wir noch nach draußen zum spielen. Sophie, die die ganze Zeit mit ihren nassen Sachen rumlief, spielte wieder mit ihren Puppen im Teich. Natürlich wieder mit der Hello-Kitty-Jacke und Schulranzen auf. Ich fand das voll süß. Sie saß da wie ein kleines Mädchen aus der ersten Klasse und spielte mit ihren Puppen, nur halt im Wasser. Irgendwann setzten wir uns zu Mamas und Papa und quatschten und tranken Cola. Da kam Sophie aus dem Teich zu uns und fragte ob sie eine rauchen darf. "Nö!" sagte Mama (Natalie) zu ihr. "Menno, ich will aber. Bin schon ganz hibbelig!" "Du bekommst in diesen Ferien keine mehr!" sagte Mama und Sophie neigte ihren Kopf und streichelte ihrer Puppe über den Kopf. "Aber Laura raucht doch auch!" sagte sie traurig. Mama: "Die kann ihre auch aufteilen, was du ja wohl nicht kannst!" Sophie: "Menno!" und stampfte auf den Boden.

Kurze Zeit später ging sie wieder in den Teich und spielte dort weiter. "Wie lange raucht sie denn jetzt schon nicht?" fragte ich und Claudia meinte das sie wohl schon seit dem morgen keine mehr hat. "Tolle Leistung!" sagte ich, weil ich würde es solange nicht aushalten, glaub ich. Papa machte sich ein Bier auf und hielt mir ein Radler hin. "Echt, darf ich?" "Nimm!" sagte er und ich nahm es mir und trank es auch. "Aber nicht soviel!" sorgte sich Mama, aber mehr wollte ich auch nicht. Dann kam Sophie wieder aus dem Teich und legte ihre Puppe in ein Puppenwagen und schob ihn durch den ganzen Garten. Als sie wieder bei uns ankam, sagte Mama das sie zu ihr hin kommen soll. Sie kam auch und stand mit Unterlippe über der oberen Lippe, neben ihr und guckte nach unten zu ihrer Barbiepuppe, die sie in der Hand hielt.

Mama nahm sie auf ihren Schoß und gab ihr eine Zigarette. Da strahlte Sophie wieder und rauchte gleich kräftig auf Lunge. "Danke!" sagte sie und verschwand wieder mit ihrem Puppenwagen und hüpfte. Ihr Schulranzen wackelte ordentlich und es kam immer Wasser da raus. Etwas später gab ihr Mama eine Big-Box-Schachtel in die Hand und sagte: "Teil sie dir gut ein!" Da strahlte Sophie noch mehr und rauchte gleich noch eine. Etwas später sollten wir dann alle ins Bett. Als ich da fragte ob Chantal bei mir mit schlafen darf, guckten mich alle komisch an. "Sie ist deine Schwester!" sagte Papa. "Weiß ich, aber trotzdem kann sie ja bei mir mit pennen!" Durfte sie auch und wir verschwanden.

Weil Chantal schnell eingeschlafen ist und ich noch nicht müde war, habe ich Mama dies Erlebnis schnell am Laptop aufgeschrieben und hab es ihr dann gegeben.

 

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